Unser Programm
für ein klima-gerechtes Stuttgart
01
Klimapolitik, aber gerecht!
Die Krise unseres Ökosystems ist untrennbar verbunden mit den globalen sozialen Krisen. Unsere Welt wird durch Übernutzung endlicher Ressourcen und getragen von einem falschen Wohlstandsbegriff irreparabel geschädigt. Am stärksten betroffen sind diejenigen, die daran keine Schuld tragen: Menschen im globalen Süden, deren Lebensgrundlagen rasant schwinden.
Doch alle Menschen haben das Recht auf eine intakte Natur, auf gesunde, sichere und gerechte Lebensverhältnisse – jedoch innerhalb der ökologischen Grenzen unseres Planeten.
Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist für die Klimaliste ein Gesellschaftsvertrag.
Stuttgart muss sich dieser Verantwortung stellen und sich als Motor für eine klimagerechte Zukunft neu erfinden. Du kannst Teil der Lösung sein!
- Klimaneutralität spätestens 2035! Dazu muss ein verbindlicher Dekarbonisierungsfahrplan auf Basis eines CO2-Restbudgets formuliert werden. Jeder politische Beschluss des Gemeinderats ist hinsichtlich seiner Klimafolgen zu bilanzieren.
- Umweltgerechtigkeit soll künftig das Leitprinzip der stadtentwicklungspolitischen Agenda sein.
- Die Stadtentwicklungsperspektive STEP muss neu verfasst werden: Wir wollen Stuttgart zur Modellstadt für Klimagerechtigkeit und Stadttransformation machen!
02
Stuttgart macht blau
Präventive Klimaanpassung ist für die Klimaliste oberstes Gebot, denn Stuttgart ist aufgrund seiner Topografie und des hohen Flächenversiegelungsgrads besonders stark von klimawandelbedingten Multigefahren betroffen, wie die jüngste Vergangenheit zeigt. Hitzewellen und Dürre, urbaner Starkregen, Hochwasser: Das Risiko steigt Jahr um Jahr!
Es gilt daher, unsere grünen Lungen zu pflegen und zu schützen, Stuttgart zur Schwammstadt umzugestalten, Luftleitbahnen und Kaltluftentstehungsgebiete wiederherzustellen und graue Innenhöfe in lebendige Stadtoasen zu verwandeln!
Kurzum: Stuttgart muss eine resiliente, grün-blaue, biodiverse Stadt sein, um liebenswert und zukunftsfähig zu werden!
- Naturbasierte Lösungen gegen Klimagefahren: Ein klimaangepasster Wald nach Naturlandzertifizierung, die Entsiegelung von Retentionsflächen und die konsequente Begrünung der Straßenzüge und Gebäude.
- Eine gesamtstädtische Strategie zur Nutzung alternativer Wasserressourcen: Von der Schwammstadt als planerischem Leitbild bis hin zur Herstellung urbaner Niederschlagswasserspeicher sowie dem Einsatz sparsamer Tröpfchenbewässerung.
- Eine Gewässerstrategie 2035: Unser Neckar soll in 12 Jahren Badegewässerqualität vorweisen und als blaues Band multifunktional aufgewertet werden. Bislang verdolte Bachläufe, wie der Nesenbach im Stadtzentrum, sollen offengelegt und stadtgestalterisch eingebunden werden – denn Wasser wirkt belebend!
- Schutzgut Boden: Sofortiger Stopp der Versiegelung fruchtbarster Böden! Denn er ist die wertvollste und zugleich endlichste Ressource, über die wir verfügen.
- 100% ökologischer Landbau auf städtischen Pachtflächen bis 2035! Permakulturen, Agri-Forst-Systeme, solidarische Formen des Landbaus und die multifunktionale, klimaangepasste Landnutzung wollen wir stärken.
03
Heizen ohne Reue
Stuttgart hängt noch immer wie ein kranker Patient am Tropf fossiler Energien, was ursächlich mit der Totalprivatisierung der Energie- und Wasserversorgung im Jahr 2002 zusammenhängt. Seither herrscht Eiszeit bei der Energie- und Wärmewende.
Der Ausstieg aus dem Kohlenstoffzeitalter hat für uns oberste Priorität. Denn der Einsatz von Kohle, Öl, Erdgas und die Müllverbrennung verbaut uns eine klimagerechte Zukunft!
Die neu gegründeten Stadtwerke müssen Kompetenzzentrum und Motor für urbane Energiesysteme sein. Stuttgart kann rechnerisch seinen Energiebedarf vollständig aus regenerativen Energien decken.
Die Klimaliste will den Entwicklungsprozess hin zum grünen Vollstadtwerk und Grundversorger beschleunigen. Dazu sind, ausgehend von einem Zielbild Wärmeversorgung, die Netze zukunftsfähig zu machen. Essentiell sind dafür ein Rückbauplan für das Erdgasnetz und gleichzeitig der Ausbau regenerativer Wärmenetze in geeigneten Quartieren anhand der Wärmeleitplanung.
Die Fernwärme muss zudem zurück in die Hand der Stadt gebracht und zu einem Niedertemperatursystem weiterentwickelt werden.
Den Einsatz von umweltzerstörerischem Fracking-Erdgas, wie aktuell von der EnBW vorangetrieben, lehnen wir entschieden ab, genauso wie falsche Versprechungen über die Verfügbarkeit preisgünstigen grünen Wasserstoffs.
- Die konsequente Nutzung der regional verfügbaren Erneuerbaren Energien sowie der Umweltwärmepotentiale im Stadtgebiet Stuttgart.
- Eine Roadmap für die Wärmewende: Ausgehend von der Wärmeleitplanung sind regenerative Wärmenetze in geeigneten Fokusgebieten zu installieren und die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie auszurollen. Die Rekommunalisierung der Fernwärme ist von entscheidender Bedeutung.
- Häuser zu Kraftwerken machen: Von der Fotovotaik auf der Gebäudehaut bis zum Permanent-/Eisspeicher im Keller – wir haben alle Technologien für eine klimaneutrale Zukunft. Mittels einer budgetneutralen Vorfinanzierung für Haushalte mit geringen Einkommen aus einem zirkulären Klimaneutralitätsfonds wollen wir gewährleisten, dass niemand bei der Energiewende zurückbleibt. Die städtische Sanierungsförderung soll zum Schutz der Mieter*innen an das Prinzip der Warmmietenneutralität gekoppelt werden.
- Klug sanieren mit dem „Energiesprong-Prinzip“ aus den Niederlanden: Durch serielles Sanieren erhalten Gebäude eine zweite „Haut“. So wollen wir Bestandsgebäude schneller und effizienter klimafit machen.
- Strukturwandel offensiv anpacken: Der Industriestandort muss fit gemacht werden für Zukunftstechnologien und klimagerechte Wertschöpfung: Bioökonomie, kreislauffähiges Produktdesign, Bautechnologie, Medizintechnik sind Zukunftsfelder für den Maschinenbau. Auch die Kreativwirtschaft und Wissensökonomie verdienen mehr Aufmerksamkeit. Wir haben das Know-How für die Zukunft, doch als Autostadt ist Stuttgart nicht zukunftsfähig!
04
Klimagerecht Planen und Zukunft gestalten!
Wusstest Du, dass fast 50% der globalen CO2-Emissionen auf die Bauwirtschaft entfallen? Und der Bausektor allein in Deutschland 54% des Abfallaufkommens erzeugt? Die Bauindustrie ist ein fossiler Klimariese, der immer mehr fruchtbares Land und kritische Rohstoffe wie Bausande verschlingt und durch Abriss-Neubau einen unaufhörlichen Ressourcenstrom in die Deponien erzeugt. Unsere Antwort auf diese Umweltzerstörung lautet: Bauwende jetzt!
Die Klimaliste akzeptiert nicht länger den Raubbau an unserer Natur und den Primärrohstoffen. Wir wollen einen Masterplan für zirkuläres Bauen in Stuttgart. Gebäude und Infrastrukturen sollen so designed werden, dass die darin verbauten Rohstoffe möglichst verlustfrei zurückgewonnen und zirkulieren können. Denn unsere gebaute Stadt ist ein Rohstoffspeicher und kann aus sich heraus stets neu entstehen – wie ein technisches Ökosystem.
Wir verfolgen das Leitbild der klimasensiblen grün-blau-weißen Schwammstadt, einer Stadt der kurzen Wege, die sich durch funktionsgemischte, produktive und vielfältige Quartiere mit einer hohen Lebensqualität auszeichnet. Stuttgart soll nicht auf fruchtbaren Äckern und klimasensiblen Wiesen wachsen, sondern in die städtebauliche Qualität hinein: mit einer urbanen Dichtestrategie, die durch konstruktives Weiterbauen im Bestand, durch Umnutzung und Nutzungsmischung, aber auch mittels der Schaffung neuer Parkanlagen und Wohlfühlorte für die Nachbarschaften gelingt. Auch gilt es, das reichhaltige baukulturelle Erbe Stuttgart zu erhalten, zu mehren und es an künftige Generationen weiterzugeben.
Das Bekenntnis zur Urbanität bedeutet aber auch, klimasensible Freiflächen und Luftleitbahnen durch Rückbau störender Infrastruktur wiederherzustellen und Räume multifunktional in Wert zu setzen – z.B. durch die Renaturierung der Bachläufe und die Rückaneignung unseres Neckars als verbindendes blaues Band, mit hochwertigen Aufenthaltszonen! Grün, gesund und liebenswert: so wird Stuttgart zur klimagerechten Zukunftsstadt!
- Bauwende jetzt! Die Klimafolgen jedes Bauvorhabens müssen gemäß der Lebenszyklusbetrachtung und mit allen Vor- und nachgelagerten Prozessen vollständig bilanziert werden. Klimaintensive Infrastrukturen wie Tiefgaragen oder Tunnelbauvorhaben kann es künftig nur noch in Ausnahmefällen geben.
- Baurecht auf den Prüfstand: Statt monofunktionaler und verkehrserzeugender Funktionstrennung wie im Synergiepark soll die nutzungsgemischte, kompakte, resiliente Stadt als räumliches Leitbild formuliert werden.
- Roadmap zur Kreislaufökonomie: Über kommunale Vergaben und mittels Ausschreibung von Bauleistungen soll die Stadt bis 2035 vollständig zirkulär bauen. Flächen für Baustoffrecycling wollen wir strategisch sichern.
- Tiefbau neu denken: Hier gilt es, in einem lernenden Prozess neue bautechnologische Lösungen ohne CO2-intensiven Stahlbeton oder Asphalt zu etablieren, wie z.B. Schraubfundamente oder Bioasphalt. Vor allem benötigt die wassersensible Stadt Zisternen und Niederschlagswasserspeicher für sommerliche Dürrephasen.
- Grenzen des Wachstums definieren: Wir verfolgen das Konzept der „Donut-Ökonomie“ und wollen einen sicheren und gerechten Handlungsraum innerhalb planetarer und sozialer Grenzen für die Entwicklung Stuttgarts formulieren. Hierzu gehört ein bilanziertes Null-Flächen-Wachstum.
05
Vorbild sein oder Verlierer?
Das kriegszerstörte Stuttgart wurde nach dem Leitbild der „autogerechten Stadt“ geformt, der historische Stadtgrundriss aufgebrochen, Autobahnen hineinasphaltiert und öffentliche Räume dem Diktat des „Heiligen Blechle“ unterworfen. Alle Anreize der Politik zielen bis heute darauf ab, ein Auto zu benutzen – denn es verspricht maximalen Komfort und wird stark subventioniert. Und das, obwohl sich die externalisierten Kosten des Autoverkehrs in Deutschland – also der Preis, den wir alle und künftige Generationen zu bezahlen haben – auf unvorstellbare 141 Milliarden Euro summiert. Jedes Jahr.
Doch die Menschen leiden unter ohrenbetäubendem Verkehrslärm, dem allgegenwärtigem Schmutz und den Autos, die 95% des Tagesverlaufs ungenutzt den wertvollen öffentlichen Raum zuparken. Sie wünschen sich eine sanfte Mobilitätskultur ohne Abhängigkeit vom Auto. Immer mehr Stuttgarter*innen entscheiden sich für ein autobefreites Leben und für umweltfreundliche urbane Mobilität – doch der Druck nimmt nicht ab, durch immer mehr Stadt-Umland-Verkehr. Vor allem Familien mit Kindern werden ihrer Lebensqualität und Gesundheit beraubt, ziehen als Reaktion darauf ins dörfliche Umland – und nutzen dann den Firmenwagen.
Die Klimaliste will das Modell „Autostadt“ in die Geschichtsbücher verbannen, denn es ist mit einer klimagerechten urbanen Zukunft nicht vereinbar. Wir wollen Stuttgart zur Hauptstadt für menschzentrierte Stadttransformation machen!
Gelingende Mobilitätswendeprozesse wie in Paris, Barcelona und Kopenhagen leiten uns. Gemeinsam mit den vielen Aktiven aus der Stadtgesellschaft wollen wir eine Radkultur wie in Holland etablieren, autobefreite und kindgerechte Sozialräume in den Quartieren und die Lebenswerte Innenstadt gestalten.
Unser Ziel ist Flächengerechtigkeit. Teile des Stadtstraßennetzes müssen aufgegeben und zu durchgrünten Lebensräumen umgestalten werden, damit autofreie, kindgerechte Nachbarschaftsräume mit hoher Wohnumfeldqualität entstehen.
Wir wollen die echte Fahrradstadt, denn das Zweirad ist eine Klimaschutzmaschine und macht glücklich! Mit einem echten, vom Autoverkehr getrennten Radschnellwegenetz, der baulichen Trennung der Radwege und einem Fahrradstraßennetz in allen Stadtteilen bis 2030 wollen wir zur selbstaktiven Mobilität einladen. Kostenloses und sicheres Fahrradparken soll es in allen Quartieren geben, genauso wie einen Fahrradgutschein für alle Neubürger*innen sowie einen Leih-Fahrradpool für Kinder und Jugendliche. So geht Radkultur!
- Autostadt abwickeln: Der „Neue Stadtraum B14“ und der Rückbau der B27 müssen mit höchster Priorität und verbindlich in die Umsetzung gehen, um den Autoverkehr auf dem Cityring zu halbieren. Auf der rückgewonnenen Fläche soll ein neuer Grüngürtel um die Kernstadt entstehen, der das Klima verbessert und zum Verweilen einlädt! Die Unterfahrungen sowie der Planietunnel können als Niederschlagswasserspeicher und Logistik-Hubs eine neue Funktion erhalten.
- Menschzentrierte Geschwindigkeit: Wir wollen das Vorrangstraßennetz auf Tempo 30 reduzieren, Versorgungsbereiche als verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche (Tempo 20) oder als Fahrradstraße widmen und Anliegerstraßen auf Schrittgeschwindigkeit drosseln („Spielstraße“): So ziehen wir in allen Netzebenen den Lärm aus dem Verkehr, stärken selbstaktive Mobilität und machen „Straße“ zum sozialen Quartiersanker.
- Super Block! Mit dem Barcelona Superblock als Planungsgrundsatz soll der Schleichverkehr aus den Stadtvierteln verbannt werden und das urbane Wohnen in der Stadt für Familien wieder attraktiv werden.
- Flächengerechtigkeit herstellen: Indem 30% der Stadtstraßen eingezogen werden, können die Räume als autofreie, durchgrünte und urbane Nachbarschaftsoasen belebt werden. Dabei verfolgen wir das gestalterische Konzept der „Healthy streets“ aus London.
- Mobilitätswende erst nehmen: Wir wollen das Mobilitätssystem so gut gestaltet sehen, dass künftig kein Mensch mehr auf einen PKW angewiesen ist. Dazu soll das Vehicle-Sharing flächig ausgerollt und mit „SSB Flex“ bedarfsgerechte Individualmobilität sichergestellt werden – auch für Menschen mit einer Mobilitätseinschränkung.
- Aufsatteln fürs Klima: Mit uns wird der Radentscheid zur echten Radvolution.
- Parkplatz-Stopp: Durch eine stadtweite Stellplatzsatzung. Parkhäuser sollen schrittweise eine Umnutzung erfahren und Möglichkeitsräume werden (Züblin 2.0).
06
Mobilität: Bitte wenden!
Die Klimaliste will den Schienenverkehr und den ÖPNV stärken, denn er ist Problemlöser Nr. 1 im Ballungsraum. Unsere SSB gilt es verlässlich zu finanzieren und so den Ausbaupfad fortzusetzen, schließlich ist sie Motor für den Klimaschutz und die Mobilitätswende.
Um die S-Bahn-Krise zu überwinden und eine S-Bahn-Offensive einzuleiten, ist unser Ziel die Herstellung eines Sekundärnetzes auf der Panoramabahntrasse und der Schusterbahntrasse mit neuen S-Bahn- und Regionalbahnverbindungen. Dafür muss jetzt in die Ertüchtigung investiert werden sowie die Planung für neue Haltepunkte anlaufen – denn Schienenprojekte benötigen mindestens zehn Jahre Vorlauf bis zur baulichen Realisierung.
Wir wollen mehr Schiene, aber mit minimalem Klimaschaden: Unsinnige Projekte wie den Pfaffensteigtunnel und große Tunnelbauvorhaben für die Stadtbahn lehnen wir ab, da sie immens viel Stahlbeton benötigen. Nur dort, wo baulich keine bessere Lösung umsetzbar ist, kann der Tunnel im Untergrund ein gangbarer Weg sein, hierzu gehört das Schienendreieck.
Kluge und raumschonende neue Verkehrssysteme wie Luftseilbahnen begrüßen wir ausdrücklich, um wertvolle Freiflächen zu schonen und schnelle Mobilitätslösungen zu schaffen. Für die Transformation der Bus-Flotte unserer SSB zur Klimaneutralität ist der Technologiepfad des Hybrid-Oberleitungsbusses und der batterieelektrische Bus mit Gelegenheitsladern die umweltschonendste Lösung und muss forciert werden. Wasserstoff halten wir aufgrund des extrem schlechten Wirkunsgrads nicht für einen zukunftsweisenden Pfad.
Den besonders klimazerstörerischen Flugverkehr wollen wir bändigen. Statt Greenwashing aus dem grün-geführten Verkehrsministerium ist Ehrlichkeit gefordert: Wir stehen für den Stopp der Ausbaupläne des Flughafens Stuttgart mit aktuell 2,3 Milliarden Euro Kosten, eine Downsizing-Strategie, ein Privatjet-Verbot und die sofortige Abwicklung der Beteiligung Baden-Airport.
- Push-and-Pull: Mit der Drittnutzerfinanzierung – wie einer City-Maut oder einer Kfz-Halterabgabe – wollen wir Anreize zum Umstieg setzen, sobald das Land die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen hat. Mit einer Verkehrsmengendosierung wie in der Stadt Zürich soll das Pendeln mit dem Auto schrittweise unattraktiver werden.
- Bahnsinnig gut: Wir wollen mehr Schiene, aber mit minimalem Klimaschaden. Die Schaffung eines Schienenverkehrsdreiecks mittels Nordkreuz und Regional-T-Spange ist unser Ziel, genauso wie die Ertüchtigung der Panoramabahn- und Schusterbahntrasse für den S-Bahnverkehr. Die Abkopplung der Gäubahn vom Hauptbahnhof halten wir für einen historischen Fehler und wollen diesen verhindern.
- Stopp für Straßenbau: Wir setzen uns für das Ende des Ausbaus des gemarkungsübergreifenden Straßennetzes ein, wie der Ausbau der Nord-Süd-Straße. Stattdessen sollen auf den Bundesstraßen Fahrspuren für schnelle Regional-Bus-Linien abgetrennt werden, um neue Verkehrsangebote für Pendler herzustellen.
- SSBrilliant: Die SSB gilt es verlässlich ausfinanzieren und zum kommunalen Mobilitätsunternehmen weiterzuentwickeln. Wir können uns vorstellen, ein kommunales Fahrradverleihsystem und weitere On-demand-Ridesharing-Angebote zu integrieren. Strategische Investitionen gilt es, durch genügend Eigenkapital abzusichern, insbesondere die Transformation der Busflotte auf den Hybrid-Oberleitungs- bzw. den batterieelektrischen Bus, den Ausbau sowie die Sanierung des Stadtbahnsystems, der Betriebsanlagen sowie der Betriebswohnungen. Und mal ehrlich: Der Charlottenplatz braucht ein gescheites Wegeleitsystem! Und auch nachts muss man verlässlich befördert werden!
- Tarife sozial gerecht gestalten: Wir wollen die kostenfreie Beförderung von Kindern und Jugendlichen, das Sozialticket dauerhaft ausfinanzieren und in Kooperation mit der Wohnungswirtschaft attraktive Mietertickets einführen.
07
Stuttgart – nur in bunt und glücklich
Die Klimaliste sagt Ja zu einer Stadt für Alle – vielfältig, weltoffen und solidarisch. Wir sind 100% Menschen und entsprechen keiner DIN-Norm. Soziale Ausgrenzung und strukturelle Diskriminierungsmuster zu durchbrechen, ist unser politisches Ziel. Das betrifft vor allem ungleiche Bildungschancen, Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen oder sexuellen Identität sowie den Arbeitsmarkt. Das Empowerment von Frauen und Menschen mit Behinderung sind uns besonders wichtige Anliegen.
Hier müssen die Anstrengungen der Stadt verstärkt werden, um gerechte Verhältnisse zu schaffen, denn wir sind alle Stuttgarter*innen!
Wir wollen, dass unsere Wohnquartiere und unsere Stadtverwaltung Spiegelbilder der vielfältigen Stadtgesellschaft sind – das schafft Zusammenhalt! Denn eine inklusive Stadtgesellschaft gewinnt Menschen für die Demokratie und etabliert damit ein Immunsystem gegen Hass, Hetze und Desinformation. Das Weltwissen wollen wir als verbindendes kulturelles Band der von Migrationsbiografien geprägten Stadtgesellschaft nutzen, um gemeinsam eine klimagerechte Zukunft zu gestalten!
Damit Großprojekte der Stadt auch tatsächlich legitimiert sind, beabsichtigen wir, zukunftsprägende kommunale Vorhaben als Bürgerentscheide zu legitimieren.
Zudem soll die Glücksforschung Ausgangspunkt einer kommunalen Wohlstands-Agenda werden.
- Stadtbürgerschaft für Alle: Wir sind alle Stuttgarter*innen – dieses Prinzip, die Stadtgesellschaft zu verfassen, soll wieder handlungsleitend sein. Die Willkommenskultur hat Stuttgart wirtschaftlich stark gemacht und wir benötigen diesen Zusammenhalt, um den künftigen Herausforderungen zu begegnen.
- Global denken, lokal handeln: Unsere Stadt soll konsequent entlang der Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDG) in die Zukunft steuern. Bildung für nachhaltige Entwicklung, kommunale Entwicklungszusammenarbeit und gerechter Wohlstand sind für uns entscheidend.
- Stuttgart fairteilt: Wir wollen den Gedanken des Teilens stärken – mittels Sharing-Netzwerken. Anstelle von Überkonsum soll eine Kultur des Teilhabens und voneinander Lernens etablieren. Das stärkt den Zusammenhalt im Quartier und baut Brücken.
- Bunter Beton: Die asphaltgraue Straße ist kein Wohlfühlort. Wir wollen das Leben in den öffentlichen Raum zurückholen, u.a. mit einem Recht auf ein Pflanzbeet und einem Baum vor jeder Haustüre. Denn wenn’s blüht und gedeiht, geht’s uns allen gut.
- Evidenzbasierte Drogenpolitik: Wir möchten Modellregion für die Cannabis-Legalisierung werden, denn die Kriminalisierung der Konsument*innen ist falsch und wirkungslos.
08
Kultureller Spielraum
Maß halten und die Menschen im Blick behalten – so blicken wir auf die Kulturstadt Stuttgart. Uns geht’s um „Kulturschutzgebiete“, nicht um Kulturtempel oder Größenwahn. Anstelle des Milliardengrabs Oper-Upgrade sollten maßvolle Lösungen im Vordergrund stehen – wie die Umnutzung des Paketpostamts als dauerhaften Kulturbaustein. Pflegen und qualifizieren, was da ist, auch das kleine, unscheinbare: die vielen Bühnen und Spielstätten. Hier liegt die eigentliche kulturelle Gestaltungskraft – in den Köpfen der Kulturschaffenden, nicht im Beton. Schon gar nicht in einem Schleyerhallen-Neubau für mindestens eine halbe Milliarde Euro.
Der Klimaliste liegen vor allem außerschulische Lernorte am Herzen: der Naturschutz, die Waldpädagogik, die Kreislaufwirtschaft oder unsere Aktivspielplätze, die so eine wertvolle Arbeit leisten und mehr Würdigung erfahren sollten!
Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum wollen wir in Stuttgart wieder etablieren, um Kunstschaffenden ein regelmäßiges Einkommen zu sichern. Aneignungsräume für Kulturproduktion müssen gesichert und in den Stadtvierteln neu geschaffen werden: urbane Labore ohne wirtschaftliches Verwertungsinteresse, verfügbar gemacht mittels Konzeptvergabe. Dabei haben wir vor allem untergenutzte Flächen im Kopf, die man einfach für die kulturelle Bespielung aktivieren kann.
- Prekär war gestern: Kommunales Geld soll bei den Menschen ankommen, nicht in Stahlbeton und Glas.
- Kultureller Backbone: Wir wollen ein Netz an selbstverwalteten Aneignungsräume herstellen.
- Ungenutzte Raumpotentiale heben: Orte wie die Neckarinsel und die alte Eisenbahnbrücke sehen wir als Möglichkeitsräume und wollen diese im kulturellen Sinne umnutzen!
- Stuttgart als Kulturhauptstadt neu denken: nicht dem Größenwahn verfallen, sondern das Gute pflegen, weiterdenken und möglichst vielen zugänglich machen – so geht gerechte Kulturpolitik.
- Bildung für nachhaltige Entwicklung an außerschulischen Lernorten forcieren.
- Kulturelle Bildung ist die Wurzel: Früh anfangen und den künstlerischen Ausdruck fördern, wie bei KUBI-S – das gefällt uns bei der Klimaliste.
- Demokratische Streitkultur lernen: Das ist der Schlüssel gegen Desinformation, Hass und Hetze und für ein gelingende Miteinander.
09
Stuttgart kann auch WG
Stuttgart hat kein Wohnungsproblem – Stuttgart hat ein politisch gewolltes Mietenproblem und in der Konsequenz eine soziale Unwucht. Allein zwischen 2010 und 2022 sind die Angebotsmieten von 8,76 Euro auf 14,68 Euro gestiegen.
Der Gesetzgeber reguliert bis heute nicht die Mieten und sichert damit Immobilieneigentümern und Wohnungsunternehmen gigantische Gewinne.
Das zerreißt unsere Stadtgesellschaft, trennt Arm und Reich. Für den sozialen Zusammenhalt ist diese Entwicklung pures Gift.
Immer weniger Menschen können sich eine ihrer Lebensphase entsprechende und bedarfsgerechte Wohnung leisten. Gerade ältere Menschen ziehen nicht in eine kompakte und barrierefreie Wohnung, da sie sich diese nicht leisten können oder eine solche in ihrem Stadtteil schlicht nicht verfügbar ist. Dabei wäre die junge Familie auf den größeren Wohnraum angewiesen.
Weder kann die Bauwirtschaft die geforderten Wohnbauzahlen liefern noch ist Bauwut eine tragfähige Antwort auf die Klimakrise. Zudem treibt Neubau grundsätzlich die Mietenentwicklung in der gesamten Stadt, bedingt durch den Mietspiegel. So will es der Gesetzgeber – das ist unsozial und klimaschädlich.
Die Klimaliste geht einen anderen Weg: Wir stehen für eine soziale Bodenordnung mittels strategischer Bodenbevorratung durch die Stadt. So wird Boden nachhaltig der Spekulation entzogen. Die Überlassung soll nach Konzeptqualität und in Erbpacht denjenigen eröffnet werden, die ihn gemeinwohlorientiert nutzen. Das kann die städtische SWSG sein, aber auch Wohnbaugenossenschaften oder Baugemeinschaften. Dabei steht für uns die Förderung gemeinschaftlicher Wohnformen im Vordergrund. Denn der Trend zur urbanen Vereinsamung ist kritisch.
Die Klimaliste will im Bestand durch maßvolle Verdichtung einen klugen Wohnungsmix, Co-Working-Spaces und die Gemeinwesenfunktionen im Quartier verweben. Die klugen Ideen aus der IBA’27 kommen dabei zur rechten Zeit, damit wir ein neues Verständnis für eine soziale und zukunftsgerechte Baukultur entwickeln.
Gebäude sind jedoch mehr als nur Nutzfläche nach Quadratmetern. Sie können vielfältige Funktionen aufnehmen, die allen dienlich sind: Häuser sind Lebensraum für Mensch und Tier, Kraftwerk für regenerative Energie und womöglich auch Lebensmittelversorger. Zum Beispiel durch Dach- oder vertikale Gärten.
- Eine soziale Bodenordnung: Aktive Bodenpolitik zur strategischen Bevorratung mit Erbpacht-Vergabe nach sozialer und ökologischer Konzeptqualität.
- Boden als Schutzgut begreifen: keine neuen Baugebiete im planerischen Außenbereich! Stattdessen: eine intelligente und klimasensible Dichtestrategie im Wege der Innenentwicklung – vor allem dort, wo Stuttgart noch Dorf ist.
- Die Mischung macht’s: gemeinwohlorientiertes und gemeinschaftliches Wohnen als Ziel. „Mehr als Wohnen“ in Zürich ist ein wunderbares Beispiel!
- SWSGenial: Unsere städtische Wohnbaugesellschaft soll Innovationstreiberin sein: u.a. durch klimagerechte Architektur, serielles und zirkuläres Bauen zur Senkung der Kosten, ein Mietermobilitätsmanagement und Mieterstrommodelle mit Balkonkraftwerken. Ein solidarisches, am Einkommen orientiertes Mietmodell wie es die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft praktiziert, ist dabei unser Ziel.
10
Ein Glück für Tiere
Stuttgart lebt und pulsiert, doch immer öfter wird’s still – denn Lebensräume schwinden, werden wegsaniert oder durch Agrochemie zerstört.
Die Klimaliste will stattdessen eine urbane Wildnis durch „Animal Aided Design“ aktiv gestalten: Fuchs und Feldhas’ sind uns willkommen! Genauso wie alle Arten an Insekten, die Vögel und natürlich unsere Eidechsen – die Zukunftstiere der Stadt.
Unser Ziel ist es, Stuttgart als Habitat für alle Lebewesen in die Zukunft zu entwickeln. Denn Biodiversität ist gut für uns und unverzichtbar für den Planeten.
Dabei kommt der Form der Bodenbewirtschaftung eine entscheidende Bedeutung zu: Wir wollen dabei innovative Ansätze wie Permakultur, Agri-Forst-Systeme, und Agri-Fotovoltaik zum Kulturpflanzenschutz voranbringen und so die Qualität der Böden schützen.
Aus Sicht des Naturschutzes besonders wertige Flächen wollen wir nachhaltig sichern, den Strukturreichtum wiederherstellen und Stuttgart als „Stadt zwischen Wald und Reben“ durch Anpassungsmaßnahmen für die Klimaveränderung wappnen!
Naturschutzfachlich bewährte und sanfte Populationsregulation, wie bspw. mittels Taubentürmen oder durch eine Kastrationspflicht für Katzen zur Vermeidung von Tierleid wollen wir, wo erforderlich und geboten, intensivieren.
Vor allem fordern wir ein nachhaltiges Kompensationsflächenmanagement mit Mehrwert: um die Agrarökologie zu stärken und Habitate wiederherzustellen.
- Animal Aided Design: Artenschutz und Biodiversität mit Landschaftsarchitektur und Stadtplanung verweben und durch örtliche Bauvorschriften fördern.
- Pestizid adé: Stuttgart soll befreit werden von schädlicher Agro-Chemie, Monokultur und Breitband-Pestiziden. Landbauwürdige Flächen sollen aktiv aufgekauft und über Pachtverträge ökologisch qualifiziert werden. Das finanzielle Risiko für landwirtschaftliche Betriebe bei der Umstellung auf Ökolandbau soll von der Stadt durch geeignete Maßnahmen minimiert werden.
- Da grünt’s: Parkanlagen, Friedhöfe und graue Innenhöfe sollen als Habitate und urbane Grünfugen gestaltet werden – mit nachhaltigem Wassermanagement und für alle als Erholungsorte nutzbar.
- Spot on: Lichtverschmutzung im Stadtgebiet muss wirksam eingedämmt werden, denn der Schaden für die Tierwelt ist immens. Die Klimaliste wird Leitlinien einfordern.